research state

In the context of developing research activities and their communication, research projects in both scientific and artistic research fields including doctoral students were invited to present their current research in five to ten-minute videos.

Current state of projects from

Ruth Anderwald & Leonhard Grond Helena Eribenne Verena Faißt Mariella Greil Margarete Jahrmann Leonie Licht Anahita Rezvani-Rad Barbis Ruder Maria Stubenberg Fabian Weiss
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Leonie Licht

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Der Himmel, ein Nicht-Ort, an dem Schwerkraft und Atemluft nachlassen, wo religiöse Verzückung und Reinheit des Subjekts kunsthistorisch vielfach bebildert zu Levitation führen. Was ist sein politischer Diskurs, seine aktuelle Diskursästhetik? Das Thema ist fesselnd, und die Methode klar dargestellt. Der Himmel dient als Metapher, die allerdings über die Kontinente hinweg unterschiedlich gelesen wird, was die Auswahl der drei genannten Autoren und der kunsthistorischen Beispiele aufzeigt. Der Metaphernbegriff selbst wird weder als sprachästhetisches noch als wissenschaftliches Instrument in der Präsentation aufgegriffen. Das Spannungsfeld, zwischen dem klassisch-westlichen Verständnis des Begriff basierend auf Aristoteles (384-322 v. Chr.), der die Metapher als sprachliches Phänomen der Übertragung beschreibt, welches klar einen ästhetischen Zweck erfüllt, bis zum daoistischen Philosophen Zhuangzi (3-4 Jhd. v. Chr.) und seiner metaphernreichen Sprache, die aufzeigt, wie Bildlichkeit die chinesische Philosophie in entscheidender Weise geprägt hat, ist aber ein weites.

Die Bibel stellt die Teilung von Licht und Finsternis der Bildung des Himmels voraus, von dem aus der Creator nun regiert. Der Himmel des antiken Griechenlands wurde von Gaia geboren. Die griechische Genesis beschreibt die Geburt von Uranos als Einführung des männlichen Prinzips. Mit seiner Mutter Gaia wurde Uranos zum Vater der Titanen, die die prä-olympische Welt regierten, bis Atlas, von Zeus verbannt, Uranus davon abhalten musste Gaia weiterhin zu vergewaltigen. François Jullien stellt den Unterschied von der westlich-eurozentrischen zur chinesischen Vorstellung von Himmel in seinem Buch Vom Sein zum Leben: Euro-chinesisches Lexikon des Denkens folgendermaßen dar: „„Himmel“ wird in China zu diesem uranfänglichen Terminus, der nicht etwa einen Glauben begründet, sondern unser Vertrauen in ein derartiges Kontinuum, aus dem die Wirklichkeit-Lebensfähigkeit der Dinge erwächst […]. Der „Himmel“, der den Sieg errungen hat über den ihm vorangegangenen Begriff eines „Herrschers von oben“, Shangdi, den man anbetet, fürchtet, dem man opfert und der die Menschenwelt regiert […], dieser Himmel benennt nun diesen bodenlosen Fundus des Weltprozesses […]. So ist der Himmel auch nicht, wie in der Genesis, der erste Anfang, der die Zeit eröffnet und zum Ereignis wird, sondern jeder Beginn ist in jedem Augenblick eine diskrete Initialzündung […].“

Aber nicht nur Himmel (als Grund), auch Horizont (als Kante des Himmels) und Wolken (Decke) eröffnen politische, ästhetische und epistemologische Fragestellungen: Wie verbinden sich diese Begrifflichkeiten mit der zunehmenden Militarisierung des Himmels seit der Industrialisierung? Wie mit dem Blick von oben, als definierende Perspektive unserer Vertical Cities und des ihnen immanenten Surveillance Capitalism? Auch der historische Blick herab, sei es vom Minarett, sei es aus den Wolken der Renaissance oder des Barock, ist nicht allein ein religiöser Blick, hat er doch auch die Bildtheorien seit dem Mittelalter und somit die Entwicklung der bildenden Kunst entscheidend mitbestimmt (vgl. etwa Hans Beltings Florenz und Bagdad). Dieser Blickwinkel ist auch der perspektivenlos-objektive, allumfassende Blick der Totalität, die alle Autorität und Autorenschaft als maskuliner Schöpfer in sich vereint und keine weitere Perspektive zulässt; aber damit es ist auch ein genderspezifischer Blick, wobei sich Vertikalität historisch und metaphorisch dem Männlichen zuschlägt. Die räumliche Positionierung des Himmels und des Horizonts führt unweigerlich zu Fragen der Orientierung im Raum; etwa die Beziehung des historischen Seefahrers oder Fliegers mit dem Himmel und seinen Körpern, die immer auch mit Fragen und Erfahrungen von Freiheit und Macht, von Kolonialisierung und Hegemonie, verbunden sind. “Our sense of spatial and temporal orientation has changed dramatically in the recent years, promoted by new technologies of surveillance, tracking and targeting. One of the symptoms of this transformation is the growing importance of aerial views: overviews, Google Map views, satellite views”, schreibt Hito Steyerl in In Free Fall: A Thought Experiment On Vertical Perspective. Auch die Wolken, sei es durch Chinas „Regenmacher“, die sie mit Silberjodid beschossen, um die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele vor einem drohenden Gewitter zu bewahren, sei es als technologische, ressourcenintensive Cloud, sei es der Bomb Cloud Atlas von Forensic Architecture oder bildfüllend in Trevor Paglens Drohnenarbeiten, haben längst ihre Unschuld verloren. Das zeigt deutlich, die Grenzerfahrung, die der Himmel bietet, ist hoch ambivalent. Einerseits bebildert der Himmel das Grenzenlose, welches sich mit dem Denken der (religiösen) Unendlichkeit und Allmächtigkeit verbindet. Im Chinesischen steht er wiederum für den ständigen Neubeginn, in der griechischen Antike wurde er von Gaia selbst geboren, die dann vor ihm Schutz suchte. Anderseits hat unser heutiger Himmel, die atmosphärische Schicht, die uns schützt, nicht nur zusehends Löcher bekommen, das Himmelszelt ist auch Dach des sich rasch erwärmenden Treibhauses, das wir mit dem, was wir Gaia entnehmen, anheizen. Auch hier denkt man unweigerlich an Latours atterrir, welches als Begriff Verortung, Politik und Re-orientierung umschließt. Konfuzius schreibt, der Himmel wolle nicht sprechen. Er tut es dennoch und wir sollten ihn hören.
Dear Leonie,

Thanks so much for the presentation of your research project!

The beginning with the audio snippets opens up in a great way the wider context of your project and got my curiosity. I realized in hoe many different ways references to the sky/heaven are being made on a (probably) daily basis. Continuing to watch I feel like floating through your project with meticulously woven thought processes and I like the derivation of the term “Diskursäthetik” that you are using to further understand the way you want to analyze your subject matter.

Coming to the selection of books you mention they are based on the fact of appearance of skies/heaven in one way or another. Are there any specific reasons you chose those books out of the possible millions of others that deal with the same topic in a way or the other? Will your project continue to be drawing on different sources or rely on those alone?

When speaking about Latour I was immediately reminded and drawn to the discourse of who owns the sky? Not only recently there was an increased debate on the ownership of the current aesthetics of the sky when Elon Musk came up quietly with his reflecting satellites from Starlink. Also earlier on there have been interesting debates on light pollution, astronomy, and others.

Further on I would be intrigued to learn a bit more on:
- The decisions of the terms GRUND, DECKE, and KANTE.
- Where you take the new capitalistic world order from looking at Turner’s image?
- The decision on why focusing on the horizon marker in planes in comparison with central perspective and why leaving out other possible depictions?

I am sure this will be a very interesting endeavor and I am looking forward to hearing more about it!

Best wishes,
Fabian

Contributions by research projects including Scientific Doctorate and Artistic Research PhD Candidates of the University of Applied Arts Vienna.

Organized by Zentrum Fokus Forschung. Copyright © 2020 by the contributors. All rights reserved. No part of the the videos or text files may be reproduced, distributed or transmitted in any form or by any means without the prior written permission of the participants (colleagues stated in the programme, relevant authors of the videos and the reviews). For permission requests, write to zff@uni-ak.ac.at addressed “research state – Permissions to quote”.